Sonntag, 20. Dezember 2020

Neuregelungen im Bereich Gesundheit und Pflege

Zum 1. Januar 2021 werden im Bereich des Bundesgesundheitsministeriums zahlreiche Änderungen wirksam. Hier informieren wir über die wichtigsten Neuerungen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
Foto: © BMG

Im kommenden Jahr gilt es, die Pandemie zu überwinden. Die Impfungen geben dabei Anlass zur Hoffnung. 2021 startet außerdem die elektronische Patientenakte. Mit 20.000 zusätzlichen Pflegehilfsstellen gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt, die Personalsituation in der Altenpflege zu verbessern. Schwangere und junge Mütter profitieren von mehr Personal in der Geburtshilfe. Und die Bundesländer unterstützen wir zudem dabei, die Gesundheitsämter personell besser aufzustellen."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Anspruch auf eine elektronische Patientenakte

  • Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) in mehreren Ausbaustufen zur Verfügung zu stellen. Die Versicherten haben nach Abschluss der ebenfalls am 1. Januar 2021 beginnenden Test- und Einführungsphase einen Anspruch darauf, dass Ärztinnen und Ärzte ihre ePA mit Behandlungsdaten befüllen.
  • Die Nutzung der ePA ist freiwillig. Der Versicherte entscheidet, welche Daten gespeichert oder wieder gelöscht werden. Er entscheidet auch in jedem Einzelfall, wer auf die ePA zugreifen darf.
  • Ärztinnen und Ärzte, die erstmals Einträge in einer ePA vornehmen, bekommen hierfür einmalig 10 Euro sowie für die laufende Unterstützung bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der ePA im aktuellen Behandlungskontext eine Vergütung. Krankenhäuser haben zudem einen Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 5 Euro für die Übertragung von Daten, die im Rahmen der Krankenhausbehandlung entstanden sind. 

Diese Regelungen sind Bestandteil des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz), das am 20. Oktober 2020 in Kraft getreten ist.

Mehr Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst

  • Bis zum 31. Dezember 2021 sollen im Rahmen des „Paktes für den ÖGD“ mindestens 1.500 neue und unbefristete Vollzeitstellen in den Gesundheitsämtern geschaffen werden. Damit wird der ÖGD für seine wichtigen Aufgaben in der Corona-Pandemie gestärkt. Der Bund stellt hierfür 200 Mio. Euro zur Verfügung.

Mehr Personal in der Altenpflege 

  • In der vollstationären Altenpflege werden 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte finanziert. Die Personalkosten werden vollständig durch die Pflegeversicherung bezahlt, sodass die Eigenanteile der Bewohnerinnen und Bewohner nicht steigen müssen.
  • Diese zusätzlichen Stellen sind ein erster Schritt zur Umsetzung eines verbindlichen Personalbemessungsverfahrens für vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Die Ergebnisse des Projekts zur wissenschaftlichen Bemessung des Personalbedarfs zeigen, dass in vollstationären Pflegeeinrichtungen zukünftig insbesondere mehr Pflegehilfskräfte erforderlich sind.
  • Für bestimmte, im Rahmen der Pflegebegutachtung empfohlene Hilfsmittel bedarf es keiner ärztlichen Verordnung. Diese zunächst befristet eingeführte Regel gilt nun dauerhaft.

Mehr Hebammen in Kliniken

  • Zur Verbesserung der Versorgung von Schwangeren können Krankenhäuser mehr Personal einstellen. Dazu wird ein Hebammenstellen-Förderprogramm mit 100 Millionen Euro pro Jahr (Laufzeit 2021 – 2023) aufgelegt
  • Mit dem Förderprogramm können etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 1.750 weitere Stellen für Fachpersonal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen geschaffen werden.

Gesetzliche Krankenversicherung wird finanziell stabilisiert

  • Um die gesetzliche Krankenversicherung nach der von der COVID-19-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise finanziell zu stabilisieren, erhält die GKV einen ergänzenden Bundeszuschuss aus Steuermitteln in Höhe von 5 Milliarden Euro.
  • Außerdem werden aus den Finanzreserven der Krankenkassen einmalig 8 Milliarden Euro in die Einnahmen des Gesundheitsfonds überführt.
  • Das Anhebungsverbot für Zusatzbeiträge und die Verpflichtung zum stufenweisen Abbau überschüssiger Finanzreserven wird ausgeweitet.

Diese Regelungen sind Bestandteil des Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Versorgungsverbesserungsgesetz).

Der durchschnittliche ausgabendeckende Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung wird um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent angehoben. Das hat das BMG im Bundesanzeiger bekanntgeben. Wie hoch der individuelle Zusatzbeitragssatz tatsächlich ausfällt, legt jede Krankenkasse für ihre Mitglieder selbst fest.

Montag, 14. Dezember 2020

Krankenkassen starten mit dem "eRezept Deutschland"

Ab dieser Woche stehen die entsprechenden Apps der Krankenkassen den Versicherten zur Verfügung


Das "eRezept Deutschland" startet: In einem gemeinsamen Projekt machen sich die Krankenkassen BARMER, DAK-Gesundheit und die Techniker Krankenkasse (TK) auf den Weg, das elektronische Rezept auszurollen. Ab dieser Woche stehen die entsprechenden Apps der Krankenkassen den Versicherten zur Verfügung, Anfang des kommenden Jahres kommen die Hanseatische Krankenkasse (HEK) und BIG direkt gesund dazu. 

Entscheidet sich der Versicherte für ein E-Rezept, bekommt er es von den teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten in Form eines QR-Codes auf das Smartphone geschickt. Diesen QR-Code kann der Patient bei am Projekt teilnehmenden Apotheken einscannen lassen und so das Rezept einlösen. Möglich ist auch, den Code an eine Apotheke weiterzuleiten und sich das Medikament liefern zu lassen, komplett kontaktlos. "Mit der Einführung des E-Rezepts gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung unseres Gesundheitswesens. Das E-Rezept vernetzt Patienten, Ärzte und Apotheker und bringt den Versicherten viele Vorteile. Es ist wesentlich komfortabler und auch sicherer als die Papierversion“, sagt Dr. Mani Rafii, Vorstandsmitglied der BARMER. Thomas Bodmer, Mitglied des Vorstands der DAK-Gesundheit, ergänzt: "Die Corona-Pandemie hat uns den Nutzen der Digitalisierung sehr klar gezeigt. Das elektronische Rezept kann dazu beitragen, Kontakte zu reduzieren, zum Beispiel im Rahmen von Folgeverordnungen, sowie die Versorgung der Zukunft nachhaltig zu verbessern."

Mehr als 1.000 Vor-Ort-Apotheken, die die Medikamente teilweise auch nach Hause liefern, sowie mehrere Versandhändler sind bereits beim "eRezept Deutschland" dabei und können von den Versicherten in der App ausgewählt werden. Damit Ärzte das eRezept ohne großen Aufwand in den Praxisalltag integrieren können, kooperieren die Kassen mit den Softwaredienstleistern medatixx und Medisoftware. Die Praxissoftware-Lösungen von medatixx werden von rund 38.000 Ärzten in 21.000 Praxen eingesetzt, die von Medisoftware nutzen etwa 2.200 Ärzte in 1.000 Praxen. 

"Es geht nun darum, dass möglichst viele Ärzte mitmachen und zu digitalen Vorreitern werden, um das elektronische Rezept in die breite Versorgung zu bringen. Für die Praxen bietet das E-Rezept die Chance, den Ausstellungsprozess zu verschlanken und die Patientensicherheit zu erhöhen", sagt Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK. Um elektronische Verordnungen ausstellen zu können, müssen sich Ärzte einmalig registrieren und die E-Rezept-Funktion in der Praxissoftware freischalten.

Dienstag, 1. Dezember 2020

Kein „Weiter so!“ nach Corona - Wissenschaftler fordern Reform im Gesundheitswesen

Die Pandemie hat deutliche strukturelle Defizite offengelegt

 

Das deutsche Gesundheitssystem sollte sich bereits jetzt für die Zeit nach der Corona-Krise wappnen. Spätestens dann sind zentrale Reformen dringend notwendig, um die Patientenversorgung deutlich zu verbessern. Vor allem der Krankenhaussektor muss sich stärker am tatsächlichen Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Richtungspapier im Auftrag des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg), der Bertelsmann Stiftung und der Robert Bosch Stiftung GmbH. 

Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben dabei Handlungsempfehlungen für die Zeit nach der Pandemie. „Trotz aller unbestrittenen Stärken unseres Gesundheitswesens hat die Pandemie deutliche strukturelle Defizite offengelegt. Ein ‚Weiter so‘ darf es nach Corona nicht geben! Wir brauchen tiefgreifende Reformen sowohl an der Versorgungsschnittstelle zwischen niedergelassenen und stationär tätigen Ärztinnen und Ärzten als auch im Krankenhaussektor an sich“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer. 

Von einer reibungslosen interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgung sei man trotz zahlreicher Anstrengungen in der Vergangenheit immer noch weit entfernt. Die Corona-Pandemie setze das Gesundheitssystem einem enormen Stresstest aus und offenbare wichtige Verbesserungspotenziale. Diese Chance müsse nun genutzt werden.

Kleine Kliniken als Versorgungszentren in der Region unverzichtbar

Nach den bisherigen Erfahrungen spielten kleine Kliniken bei der Intensiv-Behandlung von Corona-Kranken eine untergeordnete Rolle. Diese würden vor allem in großen Häusern mit entsprechender Ausstattung und Routine versorgt. „Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr, dass wir aus Gründen der Versorgungsqualität und Patientensicherheit ein Mehr an Konzentration, Zentralisierung und Spezialisierung in Kliniken brauchen“, so Straub. 

Kleinere Krankenhäuser sollten die Grundversorgung abdecken und sich kurz- bis mittelfristig zu integrierten Versorgungszentren weiterentwickeln. In enger Kooperation mit den Gesundheitseinrichtungen vor Ort blieben sie damit eine unverzichtbare Anlaufstelle in der Region.

Einheitliche Vergütung ambulant und stationär

Erforderlich sei in diesem Zusammenhang auch ein neues Vergütungssystem an der Schnittstelle von ambulanter und stationärer Versorgung. Anders als bisher müsse es hier künftig das gleiche Geld für die gleiche Leistung geben, unabhängig davon, wo die Versorgung erbracht wurde. 

Ein neues Vergütungssystem allein reiche aber nicht aus, um die Versorgung zu verbessern. Straub: „Die Planung der medizinischen Versorgung muss weg von den Parametern Arztsitze und Klinikbetten. Vielmehr benötigen wir eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung, die am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet ist. Die Gesundheitsversorgung muss dabei qualitativ hochwertig und soweit möglich wohnortnah sein. Allerdings plädieren wir hier klar für das Prinzip ‚Qualität vor Nähe‘.“

Reformbedarf nicht nur im Krankenhausbereich

Für die Zeit nach Corona reiche es aber nicht aus, nur den Krankenhausbereich und die Versorgung zwischen den Sektoren zu reformieren, so Straub weiter. Das Richtungspapier zeige zudem auf, an welcher Stelle im Öffentlichen Gesundheitsdienst, in der ambulanten Primärversorgung, im Pflegebereich und im Bereich der Digitalisierung Handlungsbedarf bestehe. Geschrieben worden sei der Leitfaden von Prof. Dr. Boris Augurzky vom RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen, Prof. Dr. Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und von Prof. Dr. Gabriele Meyer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Weitere Informationen und das Richtungspapier unter:
www.bifg.de/news/2020-corona-richtungspapier

Freitag, 27. November 2020

Diabetes: Vorsicht vor Schwarzmarkt-Teststreifen

Der Schwarzmarkt mit Diabetesbedarf im Internet boomt


Baierbrunn (ots) - Diabetes-Experten warnen im Apothekenmagazin "Diabetes Ratgeber" vor den Gefahren illegal erworbener Produkte für den Diabetesbedarf

Von der Krankenkasse bezahlte Teststreifen im Internet verkaufen, statt damit den eigenen Blutzucker zu messen? Das kommt immer häufiger vor, der Schwarzmarkt mit Diabetesbedarf im Internet boomt. Gut 4.000 Personen handeln derzeit illegal mit Sensoren - Tendenz steigend, so die Einschätzung von Professor Dr. Heiko Burchert, Ökonom am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit der Fachhochschule Bielefeld, der seit zehn Jahren die Privatverkäufe im Netz beobachtet. Warum die Entwicklung so gefährlich ist, erklärt das Apothekenmagazin "Diabetes Ratgeber".

Fatale Folgen durch falsche Messwerte

Der Schwarzmarkt für Diabetesprodukte im Internet ist nicht nur zum Schaden der Krankenkassen, sondern kann auch für die Gesundheit von Patienten fatale Folgen haben. Der Diabetologe Dr. Dietrich Tews aus Gelnhausen in Hessen rät, den Bedarf für die Diabetestherapie nur über vertrauenswürdige Quellen zu beziehen und kein Risiko einzugehen. Blutzuckerstreifen etwa müssen richtig gelagert und dürfen nicht verwendet werden, wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten ist. "Stimmt die Qualität nicht, kann es zu falschen Blutzuckerwerten kommen. Das ist gefährlich", so Tews. Denn der Patient trifft aufgrund des Messwertes zum Beispiel die Entscheidung, wie viel Insulin er sich spritzt. Stimmt die Dosis nicht, kann das fatale Folgen haben und etwa zu Stoffwechselentgleisungen wie Unterzuckerungen führen.

Quelle: Das Apothekenmagazin "Diabetes Ratgeber"
Ausgabe 11/2020 liegt aktuell in den meisten Apotheken aus.

Sonntag, 22. November 2020

Den Pflegealltag leichter gestalten

Das Living Care Lab Schaumburg ermöglicht einen Blick in die Zukunft der Pflege

 

Foto: djd/Stadt Stadthagen/Daniel George Photography

(djd). Spätestens seit der Coronakrise ist klar, wie wichtig eine funktionierende Versorgung bei Gesundheit und Pflege für unsere Gesellschaft ist. Nicht nur die Pandemie, sondern auch die demografische Entwicklung stellt die ambulante wie die stationäre Pflege zunehmend vor große Herausforderungen. Von Fachkräftemangel bis Kostendruck: Um die Probleme anzugehen, ist nach der Einschätzung von Experten neben personellen Verbesserungen ebenfalls der Einsatz innovativer, digital geprägter Produkte und Services erforderlich. Doch wie funktional und wirtschaftlich sind diese? Eine Antwort darauf lässt sich am besten in einem möglichst engen Austausch mit Anwendern wie Pflegeeinrichtungen, Pflegediensten oder Krankenkassen finden.

Ideen zum Anfassen

Um einen regen Diskurs zwischen Entwicklern und Nutzern zu ermöglichen, wurde im Stadtkern von Stadthagen das Living Care Lab Schaumburg geschaffen. Im geschützten Rahmen eines modernen Experimentierraums wird hier ein breites Konsortium aus öffentlichen, privaten und institutionellen Entwicklern, Interessenten und Investoren zusammengeführt. Das seit einem Jahr vom Land Niedersachsen geförderte Projekt stellt derzeit 15 Produkte und Dienstleistungen vor, die bereits kurz vor der Markteinführung stehen. Unter www.start-stadthagen.de/living-care-lab ist eine kleine Vorschau der präsentierten Innovationen zu finden. Fachkräfte der Pflege, pflegende Angehörige und ehrenamtlich Tätige sowie alle Bürger sind dazu eingeladen, vor Ort alles anzufassen, auszuprobieren und zu bewerten: von Caru, dem digitalen Notruf, bis zu Sippa home, der modernen Trinkhilfe.

Probleme aus dem Pflegealltag lösen

„Die Innovationen und digitalen Anwendungen stellen nicht nur einen besonderen Nutzen für Pflegepersonal oder zu Pflegende unter Beweis“, sagt Mario Bierschwale. „Sie zeigen die ganze Bandbreite an Neuerungen für eine Branche im Wandel“, erklärt der Projektkoordinator. Künftig sei geplant, verstärkt Prototypen zu präsentieren, die vor Ort von der pflegenden Wirtschaft getestet und bei der Weiterentwicklung begleitet werden können. Neben intensiven Kontakten zur Start-up-Szene besteht auch bereits eine strategische Zusammenarbeit mit der Hochschule Hannover. Studierende des Fachbereichs Design & Medien haben gemeinsam mit Stadthagener Pflegeeinrichtungen bereits erste Modelle entwickelt, die Lösungsansätze für spezifische Probleme aus dem Pflegealltag sein könnten. Für die Zukunft will das Projekt weiteren Start-ups, Entwicklerteams sowie Hochschulen die Möglichkeit geben, ihre Kreativität in Stadthagen zu entfalten. Gründer können über die Business-Angel-Initiative „Start-up-Stadthagen" lokale und regionale Investoren finden.

Donnerstag, 19. November 2020

Diabetes in ganz Deutschland auf dem Vormarsch

Diabetes-Atlas

Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Diabetes Typ 1 und 2. Während im Jahr 2014 rund 6,89 Millionen Personen, also 8,48 Prozent der Bevölkerung, die Zuckerkrankheit hatten, waren es im Jahr 2019 bereits 7,66 Millionen Betroffene. Das entspricht 9,21 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sowie einer Zunahme um etwa 777.000 Personen oder knapp acht Prozent. Dies geht aus dem aktuellen Diabetes-Atlas der Barmer hervor. 
 
„Die deutliche Steigerung der Diabeteserkrankten ist alarmierend. Dabei gibt es mit gesunder und ausgewogener Ernährung eine einfache und wirksame Möglichkeit, vor allem den Diabetes Typ 2 vorzubeugen. Hier benötigen die Bürgerinnen und Bürger offensichtlich noch mehr Unterstützung. Es ist höchste Zeit für eine verpflichtende und leicht verständliche Nährwertkennzeichnung an Lebensmitteln“, fordert der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. Christoph Straub. 
 
Erforderlich sei eine einfache Übersicht zum Beispiel über den Zucker- und Fettgehalt in Lebensmitteln. Das helfe den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich bewusst für eine gesündere Ernährung zu entscheiden, die auch das Risiko für Diabetes Typ 2 senke.

Diabetes vor allem im Osten der Republik

Wie aus der Analyse weiter hervorgeht, tritt Diabetes mellitus verstärkt in den ostdeutschen Bundesländern auf. Die höchsten Prävalenzraten gab es im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt mit 11,7 Prozent, Sachsen (11,5 Prozent) und Brandenburg (11,3 Prozent). Dagegen diagnostizierten die Ärztinnen und Ärzte nur bei 7,9 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner von Schleswig-Holstein und 8,2 Prozent in Baden-Württemberg die Zuckerkrankheit. „Nicht nur in Regionen mit vielen Diabetikerinnen und Diabetikern bedarf es einer verstärkten Ernährungsbildung. Hier muss man möglichst früh ansetzen, da sich Essgewohnheiten bereits in der Kindheit manifesteren. Deshalb sollte das Thema gesunde Ernährung in den Schullehrplänen verbindlich verankert werden, damit bereits Kinder dafür sensibilisiert werden“, so Straub. Erforderlich seien auch verpflichtende Standards für eine gesunde Kita- und Schulverpflegung.

Demographischer Wandel nur zum Teil Ursache für Anstiege

Laut den Ergebnissen des Diabetes-Atlas‘ ist der Anteil an Diabetikern und Diabetikerinnen zwischen den Jahren 2014 und 2019 bundesweit gestiegen, allem voran im Saarland, in Hamburg und Hessen mit je mehr als zehn Prozent. Die geringsten Zuwächse gab es in Sachsen und Thüringen mit weniger als einem Prozent. Während sich der Anstieg in Hamburg nur zu zwölf Prozent auf den demographischen Wandel zurückführen lässt, war dieser in Sachsen oder Thüringen zu mehr als 80 Prozent für steigende Fallzahlen verantwortlich. „Der demographische Wandel ist bei weitem nicht die alleinige die Ursache für immer mehr Diabetiker und Diabetikerinnen. Da er regional aber sehr unterschiedlich zu Buche schlägt, bedarf es nun weiterer Untersuchungen in den Bundesländern“, sagt Straub.

Donnerstag, 12. November 2020

Selbstverfasstes Testament immer mit der Hand schreiben

Etwa 95 Prozent der selbstverfassten Testamente sind fehlerhaft oder unwirksam


Nur jeder vierte Deutsche hat ein Testament. Etwa 95 Prozent der selbstverfassten Testamente sind fehlerhaft oder unwirksam. Deshalb kommt es bei der Umsetzung des letzten Willens immer wieder zu Schwierigkeiten bis hin zu jahrelangem Streit unter den Erben. Beispielsweise ist oftmals nicht bekannt, dass ein selbstverfasstes Testament immer mit der Hand geschrieben sein muss. Es muss darüber hinaus das Datum enthalten, eindeutig als Testament gekennzeichnet und unterschrieben sein. Außerdem ist es wichtig, dass die Erbeinsetzung eindeutig ist. Es muss klar benannt sein, wer zu welchen Teilen erben soll.

Sollte der Verfasser eines Testaments an einer Demenz wie der Alzheimer-Krankheit leiden, kann die Frage nach der Testierfähigkeit noch für zusätzliche Verunsicherung sorgen. Aufklärung bietet die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) aus Düsseldorf mit ihrem Infoblatt-Set „Vererben und Schenken“. Es beinhaltet die Infoblätter: „Richtig vererben“, „Merkblatt Trauerfall“ und „Wichtiges im Erbfall“.

Das Infoblatt-Set „Vererben und Schenken“ sowie weitere Informationsmaterialien können kostenfrei bestellt werden bei der Alzheimer Forschung Initiative e.V., Kreuzstr. 34, 40210 Düsseldorf; Telefonnummer 0211 - 86 20 66 0; Webseite: https://www.alzheimer-forschung.de/vererben

Weitere Informationen zur Alzheimer-Krankheit

Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.

Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) ist ein gemeinnütziger Verein, der das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrats e.V. trägt. Seit 1995 fördert die AFI mit Spendengeldern Forschungsprojekte engagierter Alzheimer-Forscher und stellt kostenloses Informationsmaterial für die Öffentlichkeit bereit. Bis heute konnte die AFI 288 Forschungsaktivitäten mit über 11,2 Millionen Euro unterstützen und rund 855.000 Ratgeber und Broschüren verteilen. Interessierte und Betroffene können sich auf www.alzheimer-forschung.de fundiert über die Alzheimer-Krankheit informieren und Aufklärungsmaterial anfordern. Ebenso finden sich auf der Webseite Informationen zur Arbeit des Vereins und allen Spendenmöglichkeiten. Botschafterin der AFI ist die Journalistin und Sportmoderatorin Okka Gundel.

Dienstag, 3. November 2020

Diagnose Covid-19: Welche Schäden bleiben?

Genesen heißt nicht gesund: Bei vielen Patienten halten Symptome monatelang an

 


Baierbrunn (ots) - Die Krankheit ist überstanden, die akute Infektion ist abgeklungen: Der Patient gilt als genesen - doch ist er auch gesund? Bei rund 90 Prozent der Betroffenen lässt sich laut Robert-Koch-Institut kein Virus mehr nachweisen. Doch manchmal bleiben Symptome: "Viele Patienten berichten, dass sie sich noch immer abgeschlagen fühlen und zum Beispiel zwei Stunden mehr Schlaf brauchen als vorher", sagt Professor Gernot Rohde, Leiter des Schwerpunkts Pneumologie am Universitätsklinikum in Frankfurt im Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau". Gemeinsam mit seiner Kollegin Professorin Maria Vehreschild, die im selben Klinikum den Schwerpunkt Infektiologie leitet, untersucht Rohde in einer Studie mit Covid-19-Patienten, welche Symptome sich noch Monate nach der Diagnose feststellen lassen.

Viele kurierte Patienten fühlen sich abgeschlagen

Die gute Nachricht vorab: In den meisten Fällen, so wagen die Frankfurter Mediziner ein positives Zwischenfazit, verschwinden die Beschwerden ohne bleibende Schäden. Sichere Aussagen über langfristige Schäden könne man jedoch frühestens im kommenden Jahr treffen.

In Bezug auf die Lunge stellen die Mediziner bis jetzt vor allem zwei Dinge fest: Zum einen entwickeln viele Patienten eine bronchiale Überempfindlichkeit und haben über Monate einen stärkeren Hustenreiz. Zum anderen geraten viele noch immer schnell außer Atem, wenn sie sich anstrengen - was auch an einer Schwächung der Atemmuskeln liegen kann. "Man kann nur so tief einatmen, wie es die Atemmuskeln schaffen", sagt Rohde. Meist normalisiert sich die Muskelkraft, und der Hustenreiz verschwindet wieder.

Nachsorge-Ambulanzen vermitteln an Spezialisten

Nicht nur Menschen mit schweren Verläufen sind betroffen, sondern auch diejenigen, die nie stationär aufgenommen wurden, kommen bei überstandener Infektion teilweise nicht richtig auf die Beine. Das liegt daran, dass sich Erreger im Körper ausbreiten und auch andere Organe befallen, etwa das Gehirn, die Lunge, Leber, Niere, den Magen-Darm-Trakt und das Herz-Kreislauf-System. Einige Krankenhäuser wie das Uniklinikum Jena haben deswegen sogenannte Post-Covid-19-Ambulanzen eröffnet. Deren Ziel ist es, auf die oft sehr unterschiedlichen Beschwerden möglichst individuell einzugehen. Die Ärzte dienen als Lotsen: Je nach Problem vermitteln sie den Patienten an die entsprechenden Spezialisten, ob Neurologen, Kardiologen, Psychiater, Internisten oder Hals-Nasen-Ohren-Ärzte.

Weitere Informationen zum Thema Covid-19-Spätfolgen und welche Symptome nach der Infektion auftreten können, finden Leserinnen und Leser in der neuen "Apotheken Umschau", aber auch online bei https://www.apotheken-umschau.de sowie auf Facebook und Instagram.

Quelle: Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau"

Ausgabe 11/2020 A liegt aktuell in den meisten Apotheken aus. 

Viele weitere interessante Gesundheits-News gibt es unter https://www.apotheken-umschau.de.

Dienstag, 27. Oktober 2020

Pflegepolitik: Für eine gute und bezahlbare Pflege

Bentele: "Wer auf Lösungen von gestern setzt, verspielt die Zukunft"

 

VdK-Präsidentin Verena Bentele
© VdK / Susie Knoll

Seit März haben Pflegebedürftige große Sorge, dass sie isoliert von Familie und Freunden sind. Außerdem arbeiten die Beschäftigten in der Pflegebranche in der Corona-Krise am Limit. Damit sind nur zwei der vielen pflegepolitischen Herausforderungen benannt, die am Vormittag auch in einer Videokonferenz der Mitglieder der „Konzertierten Aktion Pflege“ (KAP) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Sprache kamen. Für den Sozialverband VdK nahm die Präsidentin Verena Bentele an dem virtuellen Treffen teil. 

Der VdK unterstützt die Bemühungen der KAP, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und die Zahl der Auszubildenden bis 2023 um 10 Prozent zu erhöhen. Auch die Digitalisierung in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen voranzutreiben, ist dem VdK ein Anliegen. Verena Bentele warnt aber vor zusätzlichen finanziellen Belastungen der Pflegebedürftigen und vor steigenden körperlichen und seelischen Belastungen der pflegenden Angehörigen. Bentele sagte der Bundeskanzlerin, den zuständigen Bundesministern Franziska Giffey und Hubertus Heil sowie der Staatssekretärin Sabine Weiß aus dem Gesundheitsministerium:

"Isolation für pflegebedürftige Menschen ist genauso gefährlich wie das Coronavirus. Für die Angehörigen sehen wir die Gefahr vor allem darin, dass sie noch weniger Entlastungsangebote haben als ohnehin schon."

Wichtig ist dem VdK auch, dass die Kosten der Pflege nicht weiter steigen für die Pflegebedürftigen. Der VdK plädiert für eine Pflegevollversicherung, die sämtliche pflegebedingten Kosten abdeckt: „Das wäre ein Systemwechsel, der jetzt angepackt werden sollte. Wer auf Lösungen von gestern setzt, verspielt die Zukunft. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss die Pflege zur Chefsache machen“, sagte Bentele weiter.

Zur Finanzierung einer Pflegevollversicherung sind nach den Vorstellungen des VdK Steuerzuschüsse und ein Solidarausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung notwendig, um die Mehrkosten der Pflegeversicherung auszugleichen. In den Pflegeheimen sind Pflegebedürftige und ihre Angehörigen schon jetzt an der Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit oder weit darüber hinaus. Das zeigt sich an der stetig wachsenden Zahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege. 2017 waren 375.504 Pflegebedürftige auf solche ergänzenden Sozialleistungen angewiesen. Das sind 6,8 Prozent mehr als 2007.

An der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) sind rund 70 Verbände sowie Vertreter der Bundesregierung beteiligt. Ein gemeinsames Ziel lautet unter anderem, den Arbeitsalltag von Pflegekräften zu verbessern.

Dienstag, 13. Oktober 2020

Aufgepasst: Gemeinsam Medikationsfehler vermeiden

Werden Arzneimittel nicht ordnungsgemäß eingenommen, kann es zu unerwünschten Wechsel- und Nebenwirkungen kommen 

 

 

Wer als Patientin oder Patient gleichzeitig mehrere Medikamente verordnet bekommen hat, sollte sich rund um die Einnahme in seiner Apotheke gut beraten lassen. Ein Medikationsplan, der durch die Apotheke unter anderem auch für den Bereich der Selbstmedikation ergänzt wurde, schafft zusätzliche Sicherheit. Denn nicht immer dürfen die verordneten Medikamente miteinander oder auch gemeinsam mit Arzneimitteln aus der Selbstmedikation eingenommen werden. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg weist darauf hin, dass Wechsel- und Nebenwirkungen die Folge sein können. Auch der Einnahmezeitpunkt von Arzneimitteln hat einen pharmakologischen Hintergrund und sollte beachtet werden, damit die Medikamente ihre volle Wirksamkeit entfalten können.

Werden Arzneimittel nicht ordnungsgemäß eingenommen, könne es zu unerwünschten Wechsel- und Nebenwirkungen kommen, sagt Friederike Habighorst-Klemm, Mitglied des Vorstandes des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV).
Pflanzliche Johanniskrautpräparate, die bei leichten Depressionen helfen können, vertragen sich beispielsweise nicht mit der Pille, so die Apothekerin. „Hier kann es passieren, dass die Verhütung nicht mehr verlässlich gewährleistet wird. Darum würde ich diese Kombination nicht empfehlen. Wenn eine Frau beides einnehmen muss, sollte dann zusätzlich mit Kondomen verhütet werden“, erklärt Friederike Habighorst-Klemm. Auch bei der Einnahme von bestimmten Antibiotika oder Mitteln gegen Pilzerkrankungen sollten sich Frauen, die die Pille nehmen, in der Apotheke beraten lassen beziehungsweise das gleich beim Arzt sagen, damit dieser entsprechende Alternativen verordnen kann.

Viele Antibiotika sollten nicht in zeitlicher Nähe zu Milchprodukten genommen werden. „Dabei zählt der Kaffee mit dem Schuss Milch am Morgen schon dazu. Der wird sehr häufig vergessen“, weiß Friederike Habighorst-Klemm. Das enthaltene Kalzium, welches manche Menschen auch als Nahrungsergänzungsmittel oder als Medikament einnehmen, vermindert die Wirksamkeit des Antibiotikums deutlich. Neben den Milchprodukten können auch kalzium- oder magnesiumreiche Mineralwässer mit dem Antibiotikum reagieren. Darum ist für die Tabletteneinnahme Leitungswasser immer am besten geeignet.

Ein weiteres wichtiges Beispiel betrifft Patientinnen und Patienten, die Acetylsalicylsäure, kurz ASS 100, zur Blutverdünnung einnehmen, erläutert Apothekerin Habighorst-Klemm. Wenn diese Person noch zusätzlich das Schmerzmittel Ibuprofen brauche, müsse auf den Einnahmeabstand geachtet werden. Das ASS100 muss mindestens eine halbe Stunde vor der Einnahme von Ibuprofen genommen werden. Wurde bereits Ibuprofen eingenommen, muss eine Pause von mindestens acht Stunden eingehalten werden, bevor das ASS 100 wieder geschluckt werden darf. Habighorst-Klemm: „Arzneimittel sind immer komplex und darum gilt uneingeschränkt der Satz, den jeder kennt: Zu Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Verbände aller Heilberufe unterstützen Corona-Warn-App

Die App kann wertvolle Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko liefern

 


Um eine Infektion mit dem Corona-Virus soweit wie möglich zu vermeiden, gilt die AHA-Regel – Abstand halten, Hygieneregeln und Alltagsmasken. Zusätzlich kann die Corona-Warn-App der Bundesregierung dazu beitragen, Infektionsketten schneller zu erkennen und zu unterbrechen. Die Verbände und Bundeskörperschaften der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker ermutigen deshalb alle Bundesbürger mit einem kompatiblen Smartphone, diese kostenlose App zu nutzen. „Die App kann wertvolle Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko liefern. Klar ist aber auch: Die Diagnose Covid-19 kann nur ein Arzt stellen“, sagt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Bislang wurde die Corona-Warn-App rund 18 Millionen Mal heruntergeladen.

„Mit der App wurde rechtzeitig vor der kalten Jahreszeit eine wirksame Technologie zur Pandemie-Prävention geschaffen. Jetzt kommt es darauf an, dass die App nicht nur heruntergeladen, sondern auch genutzt wird. Im Falle eines positiven Testergebnisses sollten App-Nutzer ihre Kontakte über die App informieren. Die Bundesregierung sichert dafür absolute Datensicherheit zu. Auf diese Weise können alle Bürgerinnen und Bürger mit wenig Aufwand dazu beitragen, die Pandemie einzudämmen und weitere Einschränkungen unseres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu vermeiden“, betont Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer.

„Von Beginn an hat die KZBV die Corona-Warn-App über ihre Kommunikationskanäle unterstützt. Dazu gehört auch die Verbreitung des entsprechenden Informationsmaterials des Bundespresseamtes bei zahnärztlichen Körperschaften auf Landesebene, bei Praxen und Patienten. Aus Gründen des Infektionsschutzes ruft die Vertragszahnärzteschaft jetzt noch einmal aktiv zur möglichst flächendeckenden Nutzung der Anwendung auf. Jede Infektionskette, die mithilfe der App unterbrochen werden kann, ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Pandemie“, sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV).  
„Angesichts steigender Infektionszahlen ist es wichtig, dass möglichst viele Leute die Corona-Warn-App nutzen und schnell erfahren können, wenn sie einen Risikokontakt hatten“, so Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK).

Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: „Die Apotheken sind niedrigschwellige Anlaufstellen in allen Gesundheitsfragen. Auch wer weder einen Arzt noch Zahnarzt aufsucht, sieht dennoch die Schaufenster von Apotheken. Ab Oktober werden in vielen Apotheken neue Plakate zu sehen sein, auch zur Corona-Warn-App.“

Weitere Informationen unter www.kbv.de; www.baek.de; www.kzbv.de, www.bzaek.de und www.abda.de

Samstag, 26. September 2020

BAGSO fordert Konsequenzen aus der Corona-Pandemie

Jetzt erst recht! Lebensbedingungen älterer Menschen verbessern

Zum Positionspapier "Jetzt erst recht!"

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ruft dazu auf, die Lebensbedingungen älterer Menschen nachhaltig zu verbessern. In dem Positionspapier „Jetzt erst recht!“ formuliert der Dachverband erste Lehren aus der Corona-Pandemie. Sie habe bestehende Missstände für alle sichtbar gemacht. Reformen sind demnach in der Pflege, in der kommunalen Seniorenarbeit und in weiteren Bereichen der Seniorenpolitik dringend erforderlich.

In der häuslichen Pflege fordert die BAGSO mehr Anerkennung und Unterstützung für pflegende Angehörige, insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Für künftige Krisen sei zwingend zu klären, inwieweit Ausgangs- und Besuchsbeschränkungen in Pflegeheimen zulässig sind. Angemahnt werden zudem bessere Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege, verbunden mit einer Reform der Pflegeversicherung. Ein würdevolles Sterben müsse in allen Versorgungsformen möglich sein, auch in Zeiten einer Pandemie, heißt es in dem Positionspapier.

Die BAGSO ruft außerdem dazu auf, den Zugang älterer Menschen zu digitalen Medien mit einem „Digitalpakt Alter“ sicherzustellen. Im Bereich Engagement und Partizipation brauche es zudem verlässliche Strukturen zur Förderung. Verbessert werden müssten auch die Gesundheitsförderung und der rechtliche Schutz älterer Menschen. Aktivierende kommunale Seniorenpolitik benötige eine verbindliche rechtliche Grundlage und finanzielle Ausstattung.

Die BAGSO appelliert an Politik, Medien und Zivilgesellschaft, die vielfältigen Lebenslagen älterer Menschen ebenso wie ihre Diversität in der öffentlichen Diskussion zu transportieren. Auch in Krisensituationen ist das Recht auf Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung älterer Menschen zu respektieren. „Alte Menschen brauchen keine Bevormundung“, heißt es in dem Positionspapier. „Ihre Stimme und ihr Engagement sind unverzichtbar für den Erhalt einer lebendigen Bürgergesellschaft.“

Zum Positionspapier "Jetzt erst recht!"

Montag, 14. September 2020

Apotheker dürfen an Endverbraucher keine Corona-Schnelltests abgeben

Die Abgabe entsprechender In-vitro-Tests ist nur an medizinische Fachkreise erlaubt

 


Apotheker dürfen an Endverbraucher keine Corona-Schnelltests abgeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Test das Virus direkt nachweist oder Antikörper gegen eine Infektion mit COVID-19. Die Abgabe entsprechender In-vitro-Tests ist nur an medizinische Fachkreise erlaubt. Probenbehältnisse, in denen Körperproben gesammelt und anschließend „in vitro“ untersucht werden sollen, fallen auch unter dieses Verbot, wenn sie für den direkten oder indirekten Nachweis von COVID-19 bestimmt sind. 

„Es ist verständlich, dass sich besorgte Bürger selbst auf eine Corona-Infektion testen wollen. Aber diese Tests sollen nach den gesetzlichen Regelungen den Fachkreisen vorbehalten bleiben. Das ist nichts, was man wie einen Schwangerschaftstest zuhause im Badezimmer machen kann“, sagt Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Die entsprechenden Verbote sind in der Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) und dem Infektionsschutzgesetz geregelt. Arnold: „Wenn ein Apotheker entgegen dem Verbot einen Schnelltest an Patienten abgeben würde, wäre das eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.“ 

Arnold: „Wenn die zuständigen Behörden in Zukunft die Ansicht vertreten sollten, dass Endverbraucher entsprechende Selbsttests bekommen können, wäre dies durch eine Bekanntmachung des Robert-Koch-Instituts oder eine Änderung der Medizinprodukteabgabeverordnung rechtlich leicht umsetzbar. Aber solange dies nicht geschieht, dürfen Apotheken keine Corona-Tests an Endverbraucher abgeben.“

Donnerstag, 10. September 2020

Alter ist per se keine Krankheit

Zum Welt-Alzheimer-Tag am 21. September

 

Prof. Thomas Arendt (l.) und Dr. Michael Lorrain
(Copyright: Patricia C. Lucas Photography)

 

Die Alzheimer-Krankheit ist mit 1,2 Millionen Patienten alleine in Deutschland eine Volkskrankheit. Durch umfangreiche Aufklärungsarbeit, Kinofilme und Outings von Prominenten ist die häufigste Demenzform längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dennoch werden viele Symptome immer noch von Betroffenen und deren Angehörigen als „Altersvergesslichkeit“ eingestuft. „Ich ernte immer wieder verwunderte Gesichter, wenn ich darauf im Sprechzimmer antworte, dass Alter per se keine Krankheit ist“, sagt Dr. Michael Lorrain, seit über 30 Jahren niedergelassener Nervenarzt mit Praxis in Düsseldorf und Vorstandsvorsitzender der Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI). Die AFI fördert Grundlagenforschung, um die Puzzleteile zu finden, die zum Gesamtverständnis der Alzheimer-Krankheit noch fehlen. Darüber hinaus klärt sie mit kostenlosem Informationsmaterial über die Erkrankung auf.

Vor dem Welt-Alzheimer-Tag am 21. September spricht sich Dr. Lorrain für regelmäßige Gedächtnis-Check-Ups aus. „Es werden ab 70 alle möglichen Vorsorgeuntersuchungen zum Beispiel zur Erkennung von Herz-Kreislauf-Problemen gemacht. Warum soll das Gehirn da außen vor bleiben? Eine kleine, wenige Minuten dauernde Testung kann bereits einen Hinweis darauf geben, dass eine ausführlichere Diagnostik sinnvoll ist“, sagt Dr. Lorrain. „Es ist bemerkenswert, dass Krankheiten wie Krebs, die viel mehr Menschen töten, bezüglich der Diagnostik viel selbstverständlicher hingenommen werden als die Prüfung des Gedächtnisses. Es heißt also: Aufmerksam bleiben und bei Unsicherheit und Verdacht auf Gedächtnisprobleme zum Arzt gehen – am besten zum Nervenarzt“, so Dr. Lorrain weiter.

Noch ist die Diagnose der Alzheimer-Erkrankung aufwändig. Neben einem Arztgespräch, einer körperlichen Untersuchung und Gedächtnistests können eine Nervenwasseruntersuchung und bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen. Eine Untersuchung von Blut und Urin wird bislang zum Ausschluss anderer Erkrankungen eingesetzt. Das könnte sich bald ändern. „Im Bereich der Diagnoseforschung geht es hauptsächlich darum, Biomarker, also körperliche Merkmale, zu finden, anhand derer man die Krankheit nachweisen kann. Zurzeit forschen zum Beispiel viele Wissenschaftler daran, Alzheimer im Blut nachzuweisen. Ich denke, in etwa zwei bis drei Jahren werden wir einen Bluttest haben, die Entwicklungen hierzu sind schon recht weit“, sagt Prof. Dr. Thomas Arendt, Leiter des Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung an der Universität Leipzig und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der AFI. Nicht nur für die Patienten wäre das ein großer Vorteil. „Wir Ärzte wünschen uns natürlich immer einen einfachen Nachweistest“, sagt Dr. Lorrain. Trotzdem müsse auch mit Fortschreiten der Erkrankung erneut überprüft werden. „Im Verlauf der Alzheimer-Erkrankung kann es zu Veränderungen durch begleitende Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen kommen. Das muss dann in die Therapie einfließen.“

Eine große Herausforderung für die Forschung sind der klinisch stumme Beginn und der langsame Erkrankungsverlauf

Neue therapeutische Möglichkeiten könnte der Wirkstoff Aducanumab bieten. Der Antikörper gegen die für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen aus Beta-Amyloid wurde in den USA zur Zulassung eingereicht und könnte damit als erstes neues Alzheimer-Medikament seit 2002 auf den Markt kommen. Eine Entscheidung der FDA (U.S. Food and Drug Administration) fällt spätestens im März 2021. Der Hersteller Biogen befindet sich auch in Gesprächen mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA über eine Zulassung des Medikaments in Europa. Heilen kann Aducanumab die Alzheimer-Krankheit nicht, eine leichte Verzögerung des kognitiven Abbaus scheint dagegen möglich. „Eine große Herausforderung für die Forschung sind der klinisch stumme Beginn und der langsame Erkrankungsverlauf. Es vergehen wahrscheinlich Jahrzehnte, bevor erste Anzeichen der Neurodegeneration sichtbar werden. Bis dahin ist aber im Gehirn schon ganz viel passiert, was wir nicht mehr umkehren können“, sagt Prof. Arendt. „Bis wir die Krankheit heilen können, wird es deshalb leider noch einige Zeit dauern. Bis dahin arbeiten wir daran, den Ausbruch der Erkrankung hinauszuzögern sowie in verschiedenen Erkrankungsphasen eine weitere Verlangsamung des Krankheitsverlaufs und eine Linderung der Symptome erreichen zu können“, so Prof. Arendt weiter.

„Eine Verbesserung wäre auch eine intensivere ambulante gerontopsychiatrische Versorgung vor allem in Heimen“, sagt Dr. Lorrain. „Damit könnten viele belastende und gefährliche Komplikationen wie ein Delir im Ansatz verhindert werden. In den Niederlanden sind gerontopsychiatrische Praxen direkt Pflegeheimen angegliedert, so dass solche Komplikationen oft früh erkannt und behandelt werden können. Für Deutschland wünsche ich mir mehr Schulungen von Ärzten, Altenpflegern, Krankenschwestern und Stationspersonal.“

Weitere Informationen zur Alzheimer-Krankheit

Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.

Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI) ist ein gemeinnütziger Verein, der das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrats e.V. trägt. Seit 1995 fördert die AFI mit Spendengeldern Forschungsprojekte engagierter Alzheimer-Forscher und stellt kostenloses Informationsmaterial für die Öffentlichkeit bereit. Bis heute konnte die AFI 288 Forschungsaktivitäten mit über 11,2 Millionen Euro unterstützen und rund 855.000 Ratgeber und Broschüren verteilen. Interessierte und Betroffene können sich auf www.alzheimer-forschung.de fundiert über die Alzheimer-Krankheit informieren und Aufklärungsmaterial anfordern. Ebenso finden sich auf der Webseite Informationen zur Arbeit des Vereins und allen Spendenmöglichkeiten. Botschafterin der AFI ist die Journalistin und Sportmoderatorin Okka Gundel.

Freitag, 28. August 2020

Corona-Tests: Viele Fragen offen!

Wie soll das Verfahren nach einem positiven Test aussehen

 

Tests auf eine aktive oder überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 werden derzeit stark nach-gefragt. Unterschiedliche Testmethoden und -strategien werden öffentlich diskutiert. 

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt warnt in diesem Zusammenhang vor Missverständnissen und falschen Schlüssen: „Wir müssen die Diskussion versachlichen und dabei verschiedene Punkte auseinanderhalten. 

Erstens brauchen wir noch mehr Klarheit über die Verlässlichkeit der verschiedenen Tests und ihre Verfügbarkeit. Zweitens müssen wir uns darüber einig werden, wer primär getestet werden soll, was mit den Testungen erreicht werden soll, und wie das Verfahren nach einem positiven Test aussieht. Drittens ist in diesem Zusammenhang zu klären, wo die Tests zur Verfügung stehen und wer die Kosten tragen soll. 

Viel wird abhängen von der für Mitte September angekündigten Positionierung von Bundesgesundheitsministerium und den obersten Bundesbehörden sowie den ebenfalls angekündigten Veränderungen der nationalen Teststrategie.“

Das positive Ergebnis eines Schnelltests muss ja Konsequenzen haben

Schmidt warnt vor übertriebenen Hoffnungen in Verbindung mit Schnelltests: „Diese Tests sind kein Vehikel zur Lockerung von Infektionsschutzmaßnahmen. Ein negatives Ergebnis kann keine Eintrittskarte für den samstäglichen Clubbesuch mit tausend anderen sein.“ Es sei deshalb auch wichtig, wo Tests abgegeben bzw. durchgeführt werden: „Das positive Ergebnis eines Schnelltests muss ja Konsequenzen haben. Es muss ein verlässlicherer Labortest zur Bestätigung und nötigenfalls eine Meldung der nachgewiesenen Infektion erfolgen. Schon deshalb ist es unerlässlich, dass die Tests im heilberuflichen Umfeld bleiben.“

Eine Abgabe von Schnelltests auf COVID-19 ist laut Schmidt aber nach derzeitiger Rechtslage nur eingeschränkt möglich. „Die Medizinprodukteabgabeverordnung untersagt den Apothekern, solche Tests an Laien abzugeben. Die Abgabe von In-vitro-Diagnostika zum Nachweis der Erreger von Krankheiten, die im Infektionsschutzgesetz genannt sind, ist nur an medizinisches Personal und andere Fachkreise erlaubt.“ Apotheker dürften auch keine diagnostischen Tests auf COVID-19 innerhalb der Apotheke durchführen, da dies gesetzlich Ärzten vorbehalten sei.

Dienstag, 11. August 2020

Gefahr für eine zweite Corona-Welle steigt

Stärkerer Anstieg der Krankschreibungen bei Jüngeren

Bei jungen Menschen sind die Krankschreibungen wegen einer COVID-19-Infektion in den letzten Wochen wieder deutlich angestiegen. Das geht aus einer neuen Auswertung der Barmer hervor. 

Innerhalb von vier Wochen (vom 21. Juni bis 18. Juli) sind demnach die Fallzahlen in der Gruppe der bis 39-Jährigen um 31 Prozent gestiegen, von 744 auf 978 Barmer-Versicherte. 

„Die Corona-Pandemie ist keineswegs ausgestanden. Ganz im Gegenteil, die Gefahr einer zweiten Welle baut sich offensichtlich immer mehr auf. 


Wenn die Abstands- und Hygieneregeln zunehmend missachtet werden, kann das Menschenleben gefährden“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. Christoph Straub. Insbesondere jüngere Menschen müssten sich wieder verstärkt an die Corona-Regeln halten, denn in der Gruppe ab 40 Jahren seien die Fallzahlen nahezu konstant geblieben. Diese seien im selben Zeitraum von 1.942 krankgeschriebenen Barmer-Versicherten um ein Prozent auf 1.964 Betroffene gestiegen. Die meisten Corona-Krankschreibungen über alle Altersklassen hinweg habe es in der 29. Kalenderwoche in Nordrhein-Westfalen mit 727 Betroffenen und in Bayern mit 607 Erkrankten gegeben.

Corona-Fallzahlen steigen vor allem im Süden

Die Gesamtzahlen der Corona-Krankschreibungen haben sich den Ergebnissen der Auswertung zufolge regional sehr unterschiedlich entwickelt. Den größten Anstieg über alle Altersklassen hinweg verzeichnete von der 26. auf die 29. Kalenderwoche Baden-Württemberg mit einem Plus von 33 Prozent von 240 auf 318 krankgeschriebenen Barmer-Versicherten. Es folgten Schleswig-Holstein mit einem Zuwachs von 31 Prozent (von 54 auf 71 Betroffene) und Bayern mit 28 Prozent (von 475 auf 607 Krankgeschriebene). 

Dagegen gingen in Brandenburg (minus 18 Prozent) und Sachsen (minus zehn Prozent) die Fallzahlen deutlich zurück. Ein leichter Rückgang um fünf Prozent lag auch in Nordrhein-Westfalen vor, von 765 auf 727 Erkrankte. „Es gibt viele Gründe für Unterschiede bei den regionalen Infektionsraten. Umso wichtiger ist es, der zunehmenden Sorglosigkeit mit gezielten Informationen zu begegnen und weiterhin sehr achtsam zu sein“, sagt Straub.

Mittwoch, 29. Juli 2020

Etwa ein Fünftel der stationär behandelten Covid-19-Patienten ist verstorben

Erste deutschlandweite Analyse auf Basis abgeschlossener Krankenhausfälle

Begleiterkrankungen von Covid-19-Patienten nach Beatmungsstatus.
 Anteil in Prozent


Etwa ein Fünftel der Covid-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind verstorben. Bei Patienten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger. Insgesamt wurden 17 Prozent der Patienten beatmet. Das sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin, die jetzt im medizinischen Fachmagazin "The Lancet Respiratory Medicine" veröffentlicht worden ist. Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden. Die gemeinsame Studie liefert erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der Covid-19-Patienten in Deutschland auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten, die knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Ein Fokus liegt dabei auf der Situation der beatmeten Patienten.

Insgesamt verstarb etwa ein Fünftel (22 Prozent) der stationär behandelten Covid-19-Patienten. Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um 6 Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unabhängig vom Geschlecht war die Mortalität bei den älteren Patienten sehr hoch: 27 Prozent verstarben in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen, 38 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 80 Jahren.

Hohe Sterblichkeitsrate bei beatmeten Patienten

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten, die künstlich beatmet werden mussten, verstarben (53 Prozent). Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Auch bei den beatmeten Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich dialysepflichtig waren (27 Prozent aller beatmeten Patienten), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent sehr hoch. Frauen und Männer wiesen im Falle der Beatmung eine ähnliche Sterblichkeit auf. Bei den Patienten ohne Beatmung war die Sterblichkeit zwar deutlich geringer, erreichte aber immerhin 16 Prozent. Auch hier korrelierte das Alter mit der Sterblichkeit. "Die hohen Sterblichkeitsraten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor", sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO. "Auch wenn die Infektionszahlen in Deutschland im Moment niedrig sind, sollten weiterhin alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das Infektionsrisiko in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten."

Männer mit Covid-19 fast doppelt so häufig beatmet wie Frauen

In der Studie sind die Daten der Covid-19-Patienten mit und ohne Beatmung getrennt ausgewertet worden. Insgesamt wurden 1.727 (17 Prozent) der 10.021 stationär behandelten Covid-19-Patienten künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patienten erhielt eine invasive Beatmung. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 68 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen: Bei den 60- bis 69-Jährigen sowie bei den 70- bis 79-Jährigen lag er bei 24 beziehungsweise 25 Prozent, in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen jedoch nur bei 15 Prozent und bei den Patienten ab 80 Jahren bei 12 Prozent. „Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung liegt zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, so Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion "Lunge – Respiratorisches Versagen" sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim. "Der internationale Vergleich ist wegen unterschiedlichen Stichproben der Studien schwierig. Aber es gibt Hinweise darauf, dass in anderen Ländern tendenziell weniger hochaltrige Menschen mit Covid-19 beatmet wurden – vermutlich auch aus Kapazitätsgründen."

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (12 Prozent), die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. "Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf", so Karagiannidis.

Stationär behandelte Covid-19-Patienten weisen häufig eine Reihe von Begleiterkrankungen auf. Der Anteil der Patienten mit Begleiterkrankungen liegt bei den Patienten mit Beatmung deutlich höher als bei den Patienten ohne Beatmung. So hatten beispielsweise 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.

Die Hälfte der beamteten Patienten wird länger als zehn Tage beatmet

Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes der Covid-19-Patienten betrug 14 Tage. Bei den nicht beatmeten Patienten war sie mit zwölf Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei zehn Tagen. 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben. „Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten“, so Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin.

Erste deutschlandweite Auswertung auf umfangreicher und qualitativ hochwertiger Datenbasis

In der Studie wurden 10.021 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose analysiert, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen und bereits wieder entlassen wurden oder im Krankenhaus verstorben sind. Es handelt sich damit um die bisher umfassendste Studie zu Covid-19-Patienten in deutschen Krankenhäusern. Die zugrundeliegende Stichprobe von AOK-Versicherten entspricht zirka einem Drittel der Gesamtbevölkerung und weist eine repräsentative Alters- und Geschlechtsstruktur auf. Viele der bislang international veröffentlichten Studien mit großer Datenbasis beziehen noch im Krankenhaus liegende Patienten mit ein. Somit sind zum Beispiel die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und der Beatmung sowie die Sterblichkeit noch nicht genau bestimmbar.